Cholesterin - Einzeltäter in Sachen Herzinfarkt?
Oft wird das Cholesterin als eine Art Einzeltäter betrachtet, dessen Ziel es ist, schnellstmöglich einen Herzinfarkt herbeizuführen. Auswirkungen dieser Sichtweise sind in den USA zu sehen, in denen eine regelrechte Cholesterinhysterie ausgebrochen ist. Aber hat man mit der Festnahme eines Einzeltäters die ganze "Bande" gesprengt?

Inhalt

1. Die Koronare Herzkrankheit
Herz-Kreislaf-Erkrankungen sind in Deutschland die häufigste Todesursache. 50% der Todesfälle beruhen allein auf Herz-Kreislauferkrankungen. Von dieser Menge beruhen wiederum die Hälfte auf der Koronaren Herzkrankheit (KHK). Stoffwechselstörungen (Hypercholesterinämie, Hypertriglyceridämie) sind dabei wichtige Risikofaktoren für das Auftreten der Herz-Kreislauferkrankungen.

Erstes Anzeichen der KHK ist oft die "Angina pectoris", die durch Druck und Stechen in der Herzgegend gekennzeichnet ist. Dieser Druck kann dann auch in die Schulter und den linken Arm ausstrahlen. Die ersten Beschwerden dauern oft nur wenige Sekunden und treten am Anfang meist nur bei Belastung (Treppensteigen, Laufen, etc.) auf. Jeder Angina-pectoris-Anfall birgt auch immer die Gefahr eines Herzinfarktes.
Der Infarkt wird durch einen „Blutpfropf" (eine Zusammenballung von Blutplättchen) verursacht. Dieser Pfropf setzt das Blutgefäß (oft am Herzen) zu. Das Gewebe stirbt ab. Das Ganze kann auch an den Gefäßen des Gehirnes passieren. Den "Hirninfarkt nennt man Schlaganfall. Auch die Gefäße im Bereich der Beine und des Beckens können betroffen sein. In diesem Falle spricht man von der sogenannten Schaufensterkrankheit. Der Name kommt daher, daß Menschen mit dieser Krankheit oft vor Schaufenstern stehen bleiben (um so zu tun, als wäre es nicht die Krankheit, die sie dazu zwingt), weil die Schmerzen in der Beckengegend zu groß sind.

2. Was ist Cholesterin eigentlich?
Cholesterin ist ein fettähnlicher Stoff, der nur in tierischen Lebensmitteln vorkommt. Es hat in unserem Körper wichtige Aufgaben zu erfüllen.

Cholesterin ist

  • Baustein der Zellwand und von Nervenzellen
  • an der Herstellung von Gallensäuren (für Fettverdauung nötig) beteiligt
  • an der Vitamin D-Synthese beteiligt
  • wichtig für die Herstellung von Geschlechtshormonen
  • Ausgangsstoff bei der Synthese von Cortison (für die Entzündungsabwehr im Körper nötig).

Bei uns im Blut wird Cholesterin an Eiweiß gebunden transportiert. Man kann sich dies bildlich als eine Lok (Eiweiß) vorstellen, die mit Waggons (Cholesterin) behängt wird.

Die durchschnittliche tägliche Cholesterin-Zufuhr beträgt in Deutschland 500 - 750 mg pro Person. Dies ist etwa das Doppelte des tatsächlichen Bedarfes. Die Regulation des Blutspiegels hängt von der Eigenproduktion und der Aufnahme über die Nahrung ab:

  1. Der größte Teil des Cholesterins wird vom Körper selbst gebildet (ca. 1,5 g).
  2. Ein kleinerer Teil wird von uns über die Nahrung aufgenommen.
  3. Das Ganze steht in der Regel im Gleichgewicht, d.h., wird über die Nahrung einmal mehr aufgenommen, produziert der Körper im Gegenzug weniger.
  4. Cholesterin unterliegt einem sogenannten enterohepatischen Kreislauf. Dieser funktioniert wie folgt: Wird die Cholesterinzufuhr von außen verringert, wird mehr Cholesterin aus dem Darm rückresorbiert.
  5. Es gibt (in Familien oft gehäuft auftretend) den Fall, daß dieses Gleichgewicht nicht mehr natürlich aufrechterhalten wird. Man spricht von der familiären Hypercholesterinämie.

3. Was macht Cholesterin so unbeliebt?
Die Wirkung eines hohen Cholesterinspiegels kann man auch mit der von Kalk vergleichen: Es verstopft die Blutbahnen, wie der Kalk zu Hause die Abflußrohre. Irgendwann sind sie dicht und kein Wasser bzw. Blut kann mehr durchfließen.

In bezug auf unsere Gefäße bedeutet dies, daß es zum Herz- oder Hirninfarkt kommen kann. Die KHK ist oft lange ohne Symptome. Am Herzen kommt es erst ab einem Verkalkungsgrad von 70-75% zu merklichen Beschwerden. Daher ist eine sinnvolle Vorbeugung durch eine vernünftige bedarfsgerechte Ernährung sehr wichtig.

4. HDL, LDL, XXL?
Es kann zwischen "gutem" (HDL) und "schlechtem" (LDL) Cholesterin unterschieden werden. Vereinfacht kann man sich dies etwa so vorstellen und das "Zugbild" damit erweitern: Die Lok (als Eiweiß) transportiert das Cholesterin.
In unserem Blut bewegen sich aber unterschiedliche Züge. Einige fahren in die eine Richtung, andere in die andere. Einige Züge befördern das Cholesterin zu den Zellen, wo es benötigt wird. Diese Züge, bestehend aus Eiweiß und Cholesterin nennt man LDL-Cholesterin. Andere Züge bringen das Cholesterin von den Zellen zur Leber, wo es ausgeschieden wird. Diese Züge werden HDL-Cholesterin genannt. Also entsorgt das HDL das Cholesterin sozusagen, während das LDL es einsammelt.

Beim Hausarzt wird diese Unterscheidung leider noch immer nicht so häufig gemacht, wie es (mir) nötig erscheint. Oft wird der Gesamtcholesterinwert (der sich aus LDL und HDL zusammensetzt) als Maßzahl zur Beurteilung des "Gesundheitszustandes" herangezogen. Der Gesamtcholesterinspiegel macht aber keine genaue Aussage, gerade wenn er im Grenzbereich liegt. Denn: Ein hoher LDL-Spiegel ist nicht, ein hoher HDL-Spiegel aber sehr wohl erwünscht.

Folgende Werte werden momentan als Grenzwerte betrachtet:

 
Normal (mg/dl)
Grenzwert (mg/dl)
Risiko (mg/dl)
Triglyceride
<150
150 - 200
>200
Gesamtcholesterin
<200-240
 
 
LDL-Fraktion
<135
135 -180
>190
HDL- Fraktion
Männer
Frauen

>45
>35

45 - 35
35 - 30

<35
<30

Unter Voraussetzung eines normalen HDL-Spiegels gilt: Bei Cholesterinspiegeln über 240 mg/dl ist die Gefahr, an Koronarsklerose (Verkalkung der Herzkarnzgefäße) zu erkranken, doppelt, bei Werten über 280 mg/dl sogar dreimal so hoch, wie bei normalen Cholesterinwerten (ca. 200mg/dl). Heute haben ca. 30% der Männer über 55 und 46% der Frauen in diesem Alter Werte, von über 250 mg/dl.

Noch sieht es so aus, als sei Cholesterin ein Einzeltäter. Doch auch die anderen "Bandenmitglieder" sind eigentlich bestens bekannt:

    (Hypercholesterinämie)
    Rauchen
    Bluthochdruck

    Diabetes mellitus
    Hyperurikämie (Gicht)
    Übergewicht
    Bewegungsmangel

Das Tückische ist (wie an jeder Bande), daß sie zusammen viel stärker sind als jeder für sich alleine. Das Risiko für Arteriosklerose und anschließendem Infarkt vergrößert sich mit jedem weiteren Risikofaktor erheblich.

5. Warum streiten sich die Geister bei der Cholesterinfrage?
Zum Thema Cholesterin gibt es so viele Untersuchungen wie zu fast keinem anderen Thema in der Ernährung. Damit gibt es aber auch zum Teil sehr voneinander abweichende Ergebnisse in Studien.
Von Marketingstrategen werden dann oft die für ihr Produkt günstigen Ergebnisse einseitig hervorgehoben. Die bekanntesten Streithähne in dieser Branche dürften die Margarine- und Butterhersteller sein.
Was aber soll jetzt dem Verbraucher geraten werden?

Einerseits sollten die Erwartungen an eine cholesterinarme Kost nicht zu hoch gesteckt sein. Jahrzehntelange Gewohnheiten in Ernährung und Lebensweise führen zu Arteriosklerose. Diese Veränderungen können nicht innerhalb von 1-2 Jahren beseitigt werden. Andererseits zeigen sich (zum Beispiel nach einer 4-6-wöchigen "Diät") oft schon erheblich niedrigere Cholesterinspiegel.
Außerdem ist auch das Alter mitentscheidend. Ist die statistische Lebenserwartung unter 10 Jahren, macht eine Ernährungsumstellung in der Regel wenig Sinn. Zuletzt sollte natürlich auch die Lebensqualität nicht über Gebühr unter der Ernährungsumstellung leiden.
Entscheiden muß letztlich der/die Betroffene selbst.

6. Zur Ernährung bei hohem Cholesterinspiegel
Insgesamt können bei zu hohem Cholesterinspiegel 4 Ernährungsempfehlungen ausgesprochen werden:
    Übergewicht reduzieren
    Mäßige Fettzufuhr
    Hochwertige Fette
    Ballaststoffreiche Kost
    Cholesterinarme Kost
    Omega-3-Fettsäurenreiche Kost

Übergewicht reduzieren
Übergewicht senkt den HDL-Spiegel und erhöht den LDL-Spiegel. Daher reicht oft eine Reduzierung des Körpergewichtes schon aus, um den Cholesterinspiegel zu senken. Regelmäßige Bewegung unterstützt dies und steigert zusätzlich den HDL-Spiegel.

Mäßige Fettzufuhr und hochwertige Fette
Die tägliche Menge sollte 60-80 g Fett nicht übersteigen Dabei sollten vorwiegend pflanzlichen Fetten verzehrt werden. Die heute durchschnittliche Fettzufuhr beträgt 100-120 g/Tag.

Neben der Reduzierung des Gesamtfettes, kommt es besonders darauf an, die gesättigten Fette zu reduzieren und mehrfach ungesättigte bzw. einfach ungesättigte (Olivenöl) zu erhöhen. Gesättigte Fette erhöhen den Cholesterinspiegel, "Einfach ungesättigte Fettsäuren" (EUFS) und "Mehrfach ungesättigte Fettsäuren" (MUFS) können ihn senken. Da gesättigte Fette vorwiegend in tierischen Lebensmitteln vorkommen, sollten diese im Speiseplan reduziert werden. Dies betrifft, wegen des reichhaltigen versteckten Fettes, vor allem Fleisch und Wurst. Pflanzlichen Lebensmittel ist der Vorrang zu geben.

An folgenden Beispielen wird deutlich, wie sehr sich Fett in tierischen Lebensmitteln verstecken kann. Die gleichen Mengen ähnlicher Lebensmittel liefern ganz unterschiedliche Mengen Fett:

fettreichere Lebensmittel
Fettmenge
fettärmere Lebensmittel
Fettmenge
½ l Vollmilch (3,5%)
18 g
½ l fettarme Milch (1,5% )
8 g
50g Käse (50% F.i.Tr.)
17 g
50g Käse (30% F.i.Tr.)
8 g
30g Cervelatwurst
12 g
30g Bierschinken
4 g
150g Kasseler
26 g
150g Schweinesteak
9 g
150g Pommes
27 g
150g Salzkartoffeln
1 g
 
100 g Fett
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30 g Fett

 

Und für die Freunde von Fertiggerichten und Schnellimbisketten:

fettreichere Lebensmittel
Fettmenge
fettärmere Lebensmittel
Fettmenge
30g Nutella
10 g
30g Marmelade
0 g
1 Big Mac
26 g
1 Chefsalat
9 g
150g Pommes
27 g
1 Apfeltasche
12 g
40g Fleischsalat
14 g
40g Broccolisalat
1 g
100g Matjeshering
23 g
150g Seefisch i. Dill
4,5 g
 
100 g Fett
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27 g Fett

 

Ballaststoffreich
Ballaststoffe sind unverdauliche Bestandteile pflanzlicher Lebensmittel. Sie kommen vorwiegend in Getreide, Gemüse und Obst vor. Leider werden sie beim Mahlen des Mehles oft entfernt (Typ 405), da sie sich in den Randschichten befinden. Früher betrug die Aufnahme an Ballaststoffen ca. 100 g, heute sind es nur noch ca. 20 g/Tag. Eine hohe Ballaststoffaufnahme führt zu einer Senkung des LDL-Spiegels und zu einer Erhöhung des HDL-Spiegels. Dies betrifft vor allem die Ballaststoffe aus Hafer, Möhren und Äpfeln in denen das Pektin zu finden ist.

Man erklärt sich die Wirkung der Ballaststoffe heute damit, daß Gallensäuren (die in der Leber aus Cholesterin hergestellt werden) vermehrt ausgeschieden werden. Vor allem wasserlösliche Ballaststoffe können im Darm Gallensäuren binden. Gallensäuren unterliegen normalerweise einem Kreislauf, d.h. sie werden mehrmals am Tag in den Darm ausgeschieden, wieder aufgenommen und wiederverwertet.
Durch die Wirkung der wasserlöslichen Ballaststoffe wird dieser Kreislauf unterbrochen: Die Gallensäuren werden nicht mehr aufgenommen, sondern gebunden und ausgeschieden. Dann müssen neue Gallensäuren aus Cholesterin gebildet werden, wodurch dieses verbraucht wird. Bei einer Menge von 6-10 g Pektin am Tag kann so schon eine gute Senkung des Cholesterinspiegels beobachtet werden.
(250 g Möhren, 1 Apfel, 1 Orange = ca. 6,5 g Pektin) 4 große Äpfel/Tag können damit den Cholesterinspiegel um ca. 10% senken. Auch mit Guar als Präparat läßt sich eine Cholesterinsenkung erzielen. 5 g/Tag senken den Spiegel im Durchschnitt um 8%.

Cholesterinarm
Die tägliche Cholesterinzufuhr sollte max. 300 mg betragen. Der Streit darum, ob denn nun das Nahrungscholesterin so entscheidend für den Blutspiegel ist oder nicht, ist noch nicht beigelegt. Tatsache ist, daß nahezu alle Lebensmittel mit einem hohem Cholesterinanteil auch eine große Mengen gesättigte Fette enthalten. Von daher ergibt sich für die Ernährung wenig anderes, als sich nicht auch schon durch die Reduzierung der gesättigten Fette ergibt: Die Verringerung des Verzehres an fetten Fleisch- und Wurstwaren. Es gibt aber auch Menschen, die sehr stark auf Cholesterinveränderungen in der Nahrung reagieren (Sogenannte Cholesterinsensitive). Bei diesen Menschen wird durch eine verringerte Cholesterinaufnahme der Serumcholesterinspiegel erheblich gesenkt. Da niemand weiß, ob er nicht zu diesen Menschen gehört, empfiehlt es sich, (zumindest zu Testzwecken) die Cholesterinzufuhr nicht über 300mg ansteigen zu lassen.

Omega-3-Fettsäuren
Der Verzehr der Omega-3-fettsäurereichen Fische hat zwar keine direkte Auswirkung auf den Cholesterinspiegel, hat aber andere günstige Wirkungen, die das Arterioskleroserisiko verringern (Hemmung der Thrombocytenzusammenlagerung, Blutdruck senkend). Damit wird die Gefahr des Auftretens einer Herz-Kreislauf-Erkrankung gesenkt. Welche Fische einen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren enthalten ist in der Tabelle über geeignete und ungeeignete Lebensmittel zu ersehen.
Sogenannte DHA- oder Omegaeier haben ähnlich viel Cholesterin wie normale Eier. Die Omega-3-Fettsäuren erhält man besser über Seefisch.

7. Resümee
Cholesterin ist kein Einzeltäter in Sachen Herzinfarkt. Die in diesem Artikel genannten anderen Risikofaktoren sollten immer mitberücksichtigt werden. Radikalkuren im Alter sind weniger sinnvoll, als eine langsame Umstellung der Ernährungsgewohnheiten in jüngeren Jahren.
Spezielle diätetische Lebensmittel sind in der Regel nicht nötig.

Eine Tabelle über geeignete, weniger geeignete und ungeeignete Lebensmittel ist im Anhang zu finden.

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