Der Waldmeister: Frühlingsbote mit Tücken
Die meistem kennen den Waldmeister wahrscheinlich nur in Form des Wackelpuddings oder von Manfred Krug, aus "Liebling Kreuzberg". Dabei scheint seine klassische Bestimmung die Maibowle zu sein. Diese ist zumindest seit dem 9. Jahrhundert bekannt. In der Süddeutschen Zeitung wurde die Waldmeisterbowle als "Schüssel zum Glück" bezeichnet. Auch in Rezeptsammlungen wird mit positiven Attributen kaum gegeizt. Warum ruft Waldmeister nur solche Reaktionen hervor?
 
Botanik
Der Waldmeister (galium odoratum) gehört zu der Familie der Rötegewächse. Botanisch heißt er Galium odoratum. Im Volksmund wird er außerdem auch noch "Maikraut" und "Waldmännchen" genannt. Waldmeister wird 10 bis 30 cm groß, hat einen dünnen vierkantigen Stengel, an dem lanzettförmige, dunkelgrüne zarte Blätter stehen. Die Blüten sind weiß, laufen trichterförmig zu und erinnern im Aussehen an ein Kreuz.
Waldmeisterblüten Eben dieses Kreuz scheint auch der Ursprung des eidgenössischen Kreuzes der Schweizer zu sein. Der Schweizer Pfarrer Johann Künzle erblickte nämlich in den Blüten des Waldmeisters das Kreuz und versprach, daß der liebe Gott die Schweizer nicht verlassen werde, solange sie sein Kreuz hochhielten. Der Waldmeister blüht von Ende April bis in den Juni. Zu finden ist er in schattigen und feuchten Buchen- und Nadelwäldern. Er breitet sich durch unterirdisch kriechende Ausläufer aus und ist meist in größeren Beständen (oft Massenbeständen) zu finden.
Inhaltsstoffe
Waldmeister hat einen sehr intensiven, künstlich-süßlichen Duft. Verantwortlich für den Geruch ist der Inhaltsstoff Cumarin.
Cumarin
Cumarin liegt im Waldmeister eigentlich als Cumaringlykosid vor. Beim Trocknen wird dann das duftende Cumarin abgespalten. Daher entfaltet sich der Duft auch besonders, wenn man den gesammelten Waldmeister über Nacht welken läßt. Wer die Pflanze, z.B. für die Zubereitung von Tee, trocknen lassen will, sollte dies möglichst an einem sehr gut gelüfteten Ort tun. Dauert der Vorgang zu lange, wird der Waldmeister schwarz und verliert viel von seiner Wirkung. Neben dem Geruch ist das Cumarin auch für die physiologische Wirkung des Waldmeisters verantwortlich. In leichter Dosierung wirkt er leicht beschwingend und kann helfen Kopfschmerzen zu lindern. Vielleicht daher die euphorischen Beschreibungen? Doch Vorsicht: In höherer Dosierung verursacht Waldmeister Kopfschmerzen uns Schwindel. Darüber hinaus werdem dem Waldmeister noch entzündungshemmende, verduungsfördernde und gefäßerweiternde Eigenschaften zugeschrieben. Weitere Inhaltsstoffe des Waldmeisters sind: Asperulosid (ein weiteres Glykosid) und Bitter- sowie Gerbstoffe.
Verwendung
Waldmeister wird, wie oben schon erwähnt, für die Zubereitung von Maibowle und als Aromastoff in der Süßwarenindustrie benutzt. Man kann ihn aber auch als Tee zubereiten. Auch die Likörindustrie nutzt den Waldmeister. Hier wird er als Aromastoff für Vermouth, Magenbitter und Kräuterliköre eingesetzt.
Kurioses
1997 tauchte in den Supermarktregalen ein Bier auf, das neben Piranha-Samen auch Waldmeister enthalten sollte. Aufgrund dieser Inhaltsstoffe wurde dem Bier von den Herstellern eine potenzsteigernde Wirkung zugeschrieben. Die Lebensmittelchemiker, die daraufhin das Bier untersuchten, fanden neben 70% Weißbier jedoch nur noch 30% Limonade, die aus Cyclamat, Saccharin (Süßstoffe), Ascorbinsäure (Vitamin C), und Farbstoffen und Wasser bestand.
Rezepte
Waldmeister
Maibowle alkoholfrei
1 1/2 dl Waldmeistersirup (besser 4-5 g Waldmeister von der Blüte leicht angewelkt) 2 Zitronen (Saft) 600 ml Apfelsaft 400 ml Mineralwasser

Den Waldmeister mit dem Kopf nach unten ca. 20-30 Minuten in der Bowle ziehen lassen. Die Stiele sollten die Bowle dabei nicht berühren.

Maibowle nicht alkoholfrei 3 Bund Waldmeister 4 l trockner Weißwein 1 Orange in Scheiben 1 l Sekt

Den Waldmeister über Nacht welken lassen. Die Hälfte des Weines über die Orangenscheiben gießen, und den Waldmeister mit dem Kopf nach unten ca. 20-30 Minuten in der Bowle ziehen lassen. Die Stiele sollten die Bowle dabei nicht berühren. Den Waldmeister entfernen und mit dem restlichen Wein und Sekt auffüllen.

Waldmeistertee 1 g Waldmeister auf ca. 100 ml Wasser.

Waldmeistertinktur 20 g Waldmeister auf 100 ml 60% Alkohol (fünf Tage ansetzen). Von der Tinktur 20 Tropfen in etwas Wasser auflösen oder auf einem Stück Zucker einnehmen.
 

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