Sekundäre Pflanzenstoffe - Nicht die zweite Wahl!
Es gibt ungefähr 30.000, aber nur 10.000 sind bisher genauer bekannt. Die Rede ist von sogenannten sekundären Pflanzenstoffen. Sie werden inzwischen, was ihre Bedeutung für die Gesundheit angeht, auf eine Stufe mit Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen gestellt. Sekundäre Pflanzenstoffe kommen in Pflanzen nur in sehr geringen Mengen vor, weshalb man ihnen lange Zeit keine große Beachtung schenkte. Inzwischen werden sie jedoch als wichtiger Schutzfaktor gegen das Auftreten vieler Erkrankungen angesehen.
Allgemeines
Sekundäre Pflanzenstoffe dienen eigentlich der Pflanze. Diese produziert die Stoffe nicht in ihrem primären Stoffwechsel, sondern im sekundären, der nicht direkt dem Wachstum der Pflanze dient. Daher stammt auch der Name. Die sekundären Pflanzenstoffe haben in der Pflanze z.B. die Aufgabe, diese vor Fraß oder vor den schädlichen Auswirkungen der UV-Strahlung zu schützen. In anderen Fällen dienen sekundäre Pflanzenstoffe der Pflanze auch als Farbstoff, wie z.B. der Roten Bete.
Noch vor einigen Jahren galten sekundäre Pflanzenstoffe als giftig. Anfang der 90er-Jahre stellte man allerdings fest, dass sie die Gesundheit fördern können. Inzwischen ist das Spektrum der zugeschriebenen Wirkungen schon recht ansehnlich.
So wirken die Pflanzenstoffe
  • anticanzerogen (Krebsrisiko senkende Funktion)
  • antimikrobiell (Schutz vor Pilz-, Bakterien und Virenbefall des Körpers)
  • antioxidativ (Schutz vor freien Radikalen die Zellen oxidativ schädigen)
  • immunmodulierend (Stärkung des Immunsystems)

Mit einer ausgewogenen Ernährung nehmen wir pro Tag ca. 1,5 g der sekundären Pflanzenstoffe auf. Vegetarier liegen mit der Aufnahme noch wesentlich höher. Die verschiedenen sekundären Pflanzenstoffe lassen sich in einige Gruppen einteilen:
    Carotinoide

Vorkommen und Wirkung
Bekanntester Vertreter der Carotinoide ist das ß-Carotin, das in Möhren, Aprikosen und anderem gelb-orange-farbenem Obst und Gemüse zu finden ist. Aber auch Xanthophylle aus grünblättrigem Gemüse gehören zu den Carotinoiden. Xanthophylle finden sich z.B. in Spinat oder Grünkohl. Carotinoide wirken antioxidativ und anticanzerogen. Außerdem stärken sie das Immunsystem und schützen vor Herzinfarkt. Letztere Wirkung ist vorwiegend dem Sitosterin zuzuschreiben. Dieses befindet sich z.B. in Pflanzensamen. Es verringert die Aufnahme des Nahrungscholesterins und trägt damit zu einem niedrigeren Cholesterinspiegel bei.

Ernährungsempfehlungen
Gerade Carotinoide gibt es inzwischen auch als Präparate und in Form angereicherter Getränke zu kaufen.
Sie gelten als Schutzfaktor gegen Krebs. Eine Untersuchung, die zur Belegung dieser Wirkung an Rauchern durchgeführt wurde, ergab allerdings, dass die Gabe von ß-Carotin bei dieser Gruppe das Krebsrisiko sogar erhöht hat. Bei einer normaler Ernährung, auch wenn diese carotinoidreich ist, besteht dieses Risiko allerdings nicht.

    Glucosinolate

Vorkommen und Wirkung
Glucosinolate kommen in vielen Kohlsorten vor. Außerdemsind für den scharfen Geschmack von z.B. Senf (Senfölglucosinolate), Meerrettich und Kresse verantwortlich. Glucosinolate beugen Infektionen vor und hemmen die Krebsentstehung.

Ernährungsempfehlungen
Glucosinolate sind nicht sehr hitzestabil. Zwischen 30% und 60% werden beim Kochen zerstört. Daher sollten die Gemüsesorten, die viele Glucosinolate enthalten, vorwiegend roh gegessen werden.

    Lektine

Vorkommen und Wirkung
Lektine sind Eiweißstoffe oder an Zuckerreste gebundene Eiweißstoffe.
Sie kommen vor allem in den Samen der Pflanzen vor. Relativ große Mengen sind in Hülsenfrüchten und Getreideprodukten zu finden. Die positive Wirkung der Lektine scheint darin begründet zu liegen, dass sie die Passage durch den menschlichen Darm unbeschadet überstehen und sich dann an der Darmwand festsetzen können. Durch dieses "Andocken" verhindern sie dann die Anheftung von schädlichen Bakterien an diesen Stellen.

Ernährungsempfehlungen
Ein bekanntes Lektin ist das Phasein aus Bohnen. Dieses ist allerdings giftig für den Menschen, da es zur Verklumpung der roten Blutkörperchen führt. Phasein wird aber beim Kochen komplett zerstört, so dass nur darauf zu achten ist, Bohnen nicht roh zu essen.

    Phytosterine

Vorkommen und Wirkung
Phytosterine kommen in pflanzlichen Lebensmitteln (Sonnenblumenkernen, Sesamsamen und Sojabohnen) vor. Sie sind chemisch dem Cholesterin ähnlich, was auch ihre Wirkung erklären könnte. Da sie mit dem Cholesterin um die Aufnahme in den Körper konkurrieren, senken sie wahrscheinlich den Cholesterinspiegel. Auch in Hinblick auf Darmkrebs hat man positive Wirkungen bei den Phytosterinen entdeckt.

Ernährungsempfehlungen
Bei der Raffination der Speiseöle werden die Phytosterine weitgehend abgetötet. Daher sollten zu Salaten bevorzugt kaltgepresste Öle verwendet werden.

    Polyphenole und Flavonoide

Vorkommen und Wirkung
Polyphenole und Flavonoide kommen in fast allen Pflanzen vor. Oft sind es Gerbsäuren, die Lebensmitteln (z.B. schwarzer Tee, Trauben und Wein) den herben Geschmack verleihen. Sie kommen als Farbstoffe aber auch in Kirschen, Aprikosen, Beerenfrüchten und Mispeln vor. Das Wirkungsspektrum der Polyphenole und Flavonoide ist besonders groß. Sie wirken vorbeugend gegen Herzinfarkt und schützen vor Krebs, wirken antioxidativ, entzündungshemmend und immunmodulativ. Sie stellen also ein echtes Highlight der sekundären Pflanzenstoffe dar.
Auch Rotwein wird aufgrund der in ihm enthaltenen Polyphenole seit geraumer Zeit eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Bei Traubensaft vermutet man eine ähnliche Wirkung.

Ernährungsempfehlungen
Der Gehalt an Polyphenolen ist bei Freilandpflanzen höher als bei Pflanzen aus dem Gewächshaus. Erstere sind daher in der Regel zu bevorzugen. Viele Flavonoide sind hitzestabil oder entfalten ihre volle Wirkungen gar erst, nachdem sie durch das Kochen aus der Zellwand herausgelöst werden.
Also darf es statt des rohen Obstes auch ruhig mal der Kompott sein. Rotwein in Maßen genossen, hat wahrscheinlich gefäßschützende Wirkungen. Die Studien zu seiner Wirkung sind aber widersprüchlich, so dass Weinfreunde nicht bedingungslos zur Flasche greifen sollten. Der im Wein enthaltene Alkohol begünstigt nämlich die Entstehung so genannter freier Radikale. Und diese freien Radikale erhöhen wiederum das Krebsrisiko.

    Saponine

Vorkommen und Wirkung
Saponine sind Bitterstoffe, die in Sojabohnen, Erbsen, Bohnen, Spinat, aber auch in Rosmarin und Salbei vorkommen. Sie stärken die Immunabwehr, senken den Cholesterinspiegel und reduzieren das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken.

Ernährungsempfehlungen
Hülsenfrüchte sind besser als ihr Ruf. Besonders im Winter sollten diese öfter auf dem Speiseplan stehen. Saponine sind zwar relativ stabil gegen Hitzeeinwirkungen, aber sie gehen in das Kochwasser über. Daher das Kochwasser nicht wegschütten, sondern z.B. für die Soßenbereitung benutzen.

    Sulfide

Vorkommen und Wirkung
Sulfide kommen in Knoblauch, Zwiebeln und Lauch vor. Sie hemmen u.a. das Bakterienwachstum im Magen, was z.B. das Entstehen der Krebs erregenden Nitrosamine verringert.
Problem: Der Knoblauch muss roh gegessen werden, weil die Sulfide sehr schnell verfliegen. Traktieren Sie ihr Kind deshalb nicht mit "knoblauchgeschwängerter Tomatensoße". Der Effekt wird der gleiche sein, wie der vom Lebertran bereits bekannte.

Fazit:

Sekundäre Pflanzenstoffe haben einen nachgewiesenermaßen positiven Effekt auf die Gesundheit. Viele Wirkungen sind allerdings noch unbekannt. Doch schon jetzt sind Bestrebungen im Gange, die wertvollen Stoffe in Pillenform auf den Markt zu bringen. Erste Untersuchungen zeigen allerdings, dass dies nicht so leicht ist, wie man sich dies vorstellt. Wahrscheinlich ist nämlich die Vielfalt der verschiedenen Pflanzenstoffe für die positiven Wirkungen verantwortlich. Außerdem ist die Verfügbarkeit der einzelnen Pflanzenstoffe aus Präparaten bisher noch kaum untersucht. Auch der exakte Bedarf der einzelnen Stoffe ist bisher nicht bekannt. Also lässt sich nicht bestimmen, mit welchen Mengen die Präparate angereichert werden müssten.

Aus Angst vor einem Herzinfarkt nur noch Pflanzen zu essen, die sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, die die Blutgefäße schützen, bringt gesundheitlich nichts. Wichtig ist viel mehr die Integrierung möglichst vieler verschiedener Gemüse- und Obstsorten der Saison in die tägliche Ernährung, denn die wichtigen Gesundheitsspender bilden sich erst am Ende der Reifezeit. Roh geerntetes und dann nachgereiftes Obst enthält nur einen Bruchteil der sekundären Pflanzenstoffe. Daher sollten die, die etwas für ihre Gesundheit tun wollen, lieber zum Markt oder direkt zum Erzeuger gehen, statt im Supermarkt das dort häufig angebotene Treibhausgemüse zu kaufen. Denn dies wird tatsächlich meist unreif geerntet.


 
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