Ernährung bei Gicht und Harnsäuresteinen
Gicht gilt seit jeher als Wohlstandskrankheit, die eng verknüpft ist mit einer zu hohen Aufnahme an Fleisch und Alkohol. Wer glaubt, dass dies in der heutigen aufgeklärten Zeit einen Einfluss auf die Ernährungsgewohnheiten hat, liegt falsch.
 
Basisinformationen zu Harnsäure und Gicht

Ab der Pubertät steigt der Harnsäurespiegel, besonders bei Männern, kontinuierlich an, bis er einen Plateauwert erreicht hat. Steigt der Spiegel über einen Wert von 7,0 mg Harnsäue/dl an, spricht man von einer Hyperurikämie, die sich in Form eines akuten Anfalls zu einer Gicht manifestieren kann. Heute weisen 4 % der Frauen und 19 % der Männer in Deutschland einen zu hohen Harnsäurespiegel auf. An den Zahlen lässt sich schon deutlich erkennen, dass Männer eher gefährdet sind, an Gicht zu erkranken. Die Gefahr scheint dabei heute noch höher zu sein als vor 40 Jahren wenn man sich die Durchschnitts-Harnsäure-Spiegel (Tabelle 1) vor Augen führt.

Tabelle 1: Durchschnitts-Serum-Harnsäurewerte

Jahr
Männer
Frauen
1962
4,9 mg/dl
4,1 mg/dl
1989
5,9 mg/dl
4,2 mg/dl

Überdurchschnittlich häufig leiden Menschen mit Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht und Fettstoffwechseklerkrankungen an Gicht. Das Auftreten einer Hyperurikämie wird durch Übergewicht, einen hohen Alkoholkonsum und eine purinreiche Ernährung begünstigt.
Besonders der Alkohl spielt in der heutigen Zeit eine nicht unerhebliche Role: Beim Abbau von Alkohl ensteht Laktat, dass die Ausscheidung der Harnsäure über die Niere hemmt. Außerdem wird durch Alkohol die körpereigene Harnsäuresynthese gesteigert und manche Alkohlika (wie Bier) enthalten darüber hinaus nicht unerhbliche Mengen Purine.

 
Ernährungsempfehlungen

Allgemeines
Die geeignete Ernährung bei Gicht und Harnsäuresteinen entspricht im wesentlichen den durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung herausgegebenen Empfehlungen für eine bedarfsgerechte ovo-lacotvegetabile Kost. Eine starke Einschränkung der Lebensmittelauswahl ist dahrer in der Regel nicht nötig. Eine solche (gesunde) Ernährung ist bei Gicht und Harnsäuresteinen (neben der medikamentösen Therapie) auch von Vorteil, da sie hilft, die Medikamentendosis zu reduzieren. Folgende Punkte sollten bei der Gestaltung des Planes beachtet werden:

Bedarfsgerechte Energiezufuhr
Bei Gicht und gleichzeitigem Übergewicht führt eine Normalisierung des Körpergewichtes oft schon zu einer Senkung des Harnsäurespiegels. Ob eine Gewichtsreduktion im einzelnen notwendig ist, ist mit dem Arzt zu klären. Beim Abnehmen sollten auf jeden Fall strenge Fastenkuren vermieden werden, da durch die schnelle Gewichtsreduktion der Harnsäurespiegel erhöht wird (Abbau von purinhaltigen Körperzellen).

Eiweißquellen
Als Eiweißlieferanten eignen sich fettarme Milch und Milchprodukte (Käse, Joghurt, Quark, Buttermilch) sowie Eier (ovo-lacto-vegetabile Kost). Fleisch und Fleischprodukte, Fisch oder Wurst sollten höchstens 1x pro Tag gegessen werden. Die Mengen sollten 100 g (z.B. ein kleines Schnitzel) möglichst nicht überschreiten. Unbedingt vermeiden: Innereien (Leber, Nieren, Hirn, Kalbsbries), Fleisch- und Hefeextrakte, Anchovis, Heringe, Makrelen, Ölsardinen und geräucherte Sprotten.

Geflügel
Bei Geflügel die purinreichere Haut vor dem Verzehr entfernen.

Alkohol
Auf Alkohol sollte nach Möglichkeit ganz verzichtet werden. Wer ihn nicht völlig meiden mag, kann sich ein Glas Bier oder Wein am Tag leisten. Wein enthält zwar (anders als Bier) keine Purine, erhöht den Harnsäurespiegel aber durch den Alkoholgehalt.

Gemüse und Obst
Gemüse und Obst sind wertvolle Lebensmittel und können, bis auf einige Ausnahmen, reichlich (jeweils ca. 250 g/Tag und mehr) verzehrt werden. Gemieden werden sollten (wegen ihres Puringehaltes) Hülsenfrüchte (Erbsen, weiße Bohnen, Linsen) und Spinat.

Fett
Sehr fettreiche Lebensmittel (Salate in Mayonnaise, fette Käsesorten über 45% F.i.Tr., Chips, Pommes Frites) möglichst reduzieren.

Zucker und Zuckeraustauschstoffe
Große Mengen an Zucker, Fruchtzucker (Fruktose) oder Süßigkeiten können neben einem Anstieg des Körpergewichtes auch zu einem erhöhten Harnsäurespiegel führen. Wer gerne süß isst, kann Zuckerersatzstoffe (Süßstoffe) verwenden.

Getränke
Kaffee, Tee (auch Früchte- und Nierentees) sind erlaubt. Wenn man zu Harnsäuresteinen neigt, kann die Auswahl bestimmter Getränke diätetisch von Nutzen sein. Bei Mineralwässern sollte auf alkalisierend wirkende, wie z.B. Fachinger oder Marienbader Rudolfsquelle, zurückgegriffen werden. Saure Fruchtsäfte, vor allem Orangensaft, haben ebenfalls einen positiven Effekt auf die Verhinderung der Ausbildung von Harnsäuresteinen. Insgesamt sollte sehr viel getrunken werden: Die reine Trinkmenge sollte 2 Liter pro Tag mölichst übersteigen!

Vegetarische Lebensmitel
Einige vegetarische Lebensmittel (wie Soja) sind relativ purinreich und werden häufig verboten. Da in den Nachkriegsjahren oftmals erhebliche Mengen an purinreichen vegetarischen Lebensmitteln verzehrt worden sind, ohne dass es zu eiem Anstieg der Hyperurikämie kam und außerdem Vegetarier, die ebenfalls größere Mengen dieser Lebensmittel verzehren, nur äußerst selten von Gicht betroffen sind, liegt der Schluss nahe, dass Purine im pflanzlichen Verband weniger belastend sind als solche aus tierischen Quellen.

Sonstiges
Bei der Reduzierung der purinhaltigen Lebensmittel ist es möglich, an einigen Tagen Purine zu "sparen", damit an einem der folgenden Tage etwas großzügiger verfahren werden kann. Es sollte aber darauf geachtet werden, daß die durchschnittliche Purinaufnahme innerhalb einer Woche konstant bleibt.

Sollten bei der Ernährung Übersichtstabellen für Harnsäuregehalte benutzt werden, ist darauf zu achten, daß auch der Harnsäuregehalt pro Portion angegeben ist, da natürlich nur die tatsächlich verzehrten Mengen entscheidend sind.

Literatur und weitere Hinweise
Diät bei Gicht und Harnsäuresteinen
Prof. N. Zöllner
Falkenverlag, Niederhausen 1990

Böhmig, Ulf
Hilf Dir selbst - Rheuma und Gicht
Falken Taschenbücher
ISBN 3-635-60307-4

Drooff, Karin;Kammerer, Susanne
Rat und Hilfe bei Gicht
Gesundheitsratgeber
ISBN 3-517-01885-6
 

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