Betrachtet man nun aber typisch deutsche Essen, wie Leberkäse und Ei, Bratwurst und Brötchen, Spaghetti mit Hackfleischsoße, Pommes mit Mayo oder Ketchup, Kässpätzle, Maultaschen mit Ei, Frikadelle mit Brot und Senf, etc., so fällt auf, daß hier das Kriterium der Vollständigkeit plötzlich gar nicht mehr gilt.
Fleisch allein oder mit einer Kohlenhydrat (also Kartoffel-, Brot-, Nudel-) komponente gilt bei uns als vollständige Mahlzeit. Es drängt sich der Gedanke auf, daß das Argument der Vollständigkeit vorwiegend dazu dient, nicht auf das geliebte Fleisch verzichten zu müssen.
Aber aus der Geschichte sind auch Zeiten bekannt, zu denen Fleisch keinen solch hohen Stellenwert besaß. So wird über die römische Herresverpflegung berichtet, daß Caesars Truppen in Albanien schwer unter dem Weizenmangel gelitten haben sollen. Es wurde ihnen hoch angerechnet, daß sie sich überhaupt herabließen, Schlachtvieh, das in Hülle und Fülle vorhanden war, zu essen. Als sich die Truppen besonders gut schlugen, wurde die Weizenration verdoppelt, nicht die Fleischration.
Mit dem Siegeszug des Fleisches hat sich aber auch die "Eßkultur" gewandelt. In Amerika hat sich mit der Ausdehnung der Vorstädte (die durch die Ausbreitung des Autos möglich wurde) auch das Eßverhalten geändert. Der Vorstadtbewohner mußte das Essen seinem temporeichen mobilen Leben anpassen. Essen mußte planbar, schnell und zeitsparend werden. Die Lebensmittelindustrie reagierte mit dem Hamburger. Dieser ist fast ebenso schnell herzustellen, wie man ihn essen kann.
Heute werden fast 40% der in den USA verzehrten Fleischmenge in Form von Hackfleisch konsumiert. Mehr als die Hälfte der Einwohner in den USA lebt nicht weiter als 3 Autominuten vom nächsten Fast-Food-Restaurant entfernt. Gut, mag man sagen, was gehen mich die Amerikaner an. Aber selbst eine so bedeutende deutsche Institution wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt erst seit 1989 „weniger tierisches Eiweiß..."